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Begegnungen Losgröße 1+ Einzelfertiger

Interview Berater

Konstruktion

Mehr konfigurieren statt immer wieder neu konstruieren

Dr.-Ing. Sören Lechner ist Geschäftsführer der DLP Engineers GmbH und befasst sich mit der Flexibilität und der Anpassungsfähigkeit der deutschen Einzel- und Auftragsfertiger bei ihren Produkten und Dienstleistungen.

ife: Wie können Einzelfertiger ihre Produktkosten nachhaltig senken und ihre Prozesse wesentlich beschleunigen?

Dr. Lechner: Wenn wir in Deutschland wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen wir intelligent aufräumen und gezielt automatisieren!

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ife: Was bedeutet das?

Dr. Lechner: Wenn wir in die Unternehmen kommen, beobachten wir immer wieder, dass alte Angebote oder Aufträge kopiert werden und die Anforderung des Vertriebs an die Konstruktion lautet: So ähnlich wie damals, aber …. Die Zeit in der Projektierung oder Konstruktion ist knapp und es gibt i.d.R. keine gepflegten auftragsneutralen Vorlagen. Es wird der Auftrag als Grundlage genommen, der so ähnlich war wie der jetzige. Dieser abgewickelte Auftrag wird kopiert und abgeändert und wie wir böse sagen „verschlimmbessert“. Zeit für eine auftragsneutrale Produktpflege ist in der Konstruktion aufgrund der andauernden Belastung und des ständigen Termindrucks nicht möglich. Was ist die Folge: die Auslastung steigt weiter an, oft über 100%. Die Anzahl der kopierten und „verschlimmbesserten“ Aufträge steigt ebenfalls. Erfahrene Mitarbeiter wechseln die Stelle oder werden pensioniert. Junge Mitarbeiter müssen sich jahrelang einarbeiten und kopieren die Verschlimmbesserungen weiter.

ife: Wie kommen wir aus diesem Teufelskreis heraus?

Dr. Lechner: Wir müssen einfach einmal grundsätzlich aufräumen und mit externer Hilfe und initialer Kraftanstrengung von innen und außen über diesen Aufwandsberg. In Abstimmung mit dem Vertrieb und der Konstruktion kann ein neutraler Produktbaukasten definiert und vor allem schriftlich beschrieben werden. Je nach Produkt unterliegt dieser Baukasten konkreten Gleichteile- und Plattformgedanken, unabhängig von der Losgröße. Auch bei Losgröße 1 gibt es Wiederholeffekte, denn selbst ein Anlagenbauer baut nicht heute Klär- und morgen Atomkraftwerke. Strukturen und Abläufe wiederholen sich; bis zu einer gewissen Stufe oder Ebene.

Prozessoptimierung

Zusammenhänge – Sichten & Strukturen

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Eine nachhaltige Prozessoptimierung bedarf einer Wandlung der unterschiedlichen Sichten der Fachabteilungen auf das Produkt entlang der gesamten Prozesskette. Während der Kunde in seinem Prozess und seiner Anwendung denkt, denn er denkt und produziert z.B. in Hundefutter, hat er ganz klare Anwendungs- und Leistungs-parameter, die er in sein Lastenheft schreibt.

Der Vertrieb des Maschinen- oder Anlagenbauers hat nun die Aufgabe, gemäß diesen Anforderungen eine geeignete Lösung mit Funktionalität und Preis anzubieten. Dabei ist die Angebotsstruktur i.d.R. funktional aufgebaut. Vertriebstexte und Preise beschreiben das Gerät, die Maschine oder die Anlage. Hier beginnen oft die ersten Fehler, da die Abhängigkeiten und die Logiken zwischen Lastenheft und Angebot nicht bekannt oder klar definiert sind. Je nach Erfahrung des Vertriebs können daher durchaus unterschiedliche Lösungen herauskommen.

Der Einkauf wünscht sich im ERP-System eine Transparenz des Teile- und Baugruppenspektrums aus Einkaufssicht, um Anfragen frühzeitig starten oder strategische Lieferanten auswählen zu können. Die Konstruktion arbeitet in ihrer eigenen CAD-Welt und will mit der Produktion und der ERP-Welt möglichst wenig zu tun haben. Die Produktion baut sich die Fertigungsstückliste und die Arbeitspläne werkespezifisch so um, dass es aus ihrer Sicht passt. Zeichnungen sind teilweise nicht aktuell oder noch nicht vorhanden. Nach der erfolgreichen Inbetriebnahme erfolgen einige Umbauten und Modernisierungen. Wenn der Kunde nach 10 Jahren anruft, gibt es hoffentlich eine Sicht für den Service, d.h. eine gepflegte As-Built-Struktur im ERP-System.

D.h. Prozessoptimierung ohne technisches Know-How und ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen Produktstrukturen und Sichten entlang der gesamten Prozesskette und der verwendeten Systeme wie CAD, PDM, Konfiguratoren und ERP kann von daher eigentlich gar nicht funktionieren.

CAD-Automatisierung, da wo es Sinn macht!

Abfüll- und Verpackungsanlagen
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ife: Was bedeutet das?

Dr. Lechner: Viele Unternehmen nutzen Ihre teuren 3D-CAD-Systeme noch so wie ihre alten 2D-CAD-Systeme. CAD-Modelle werden projektspezifisch in Projektordnern abgelegt und bei Bedarf kopiert. Sind die Konstruktionsabteilungen größer und an mehreren Standorten verteilt, setzt die professionelle Nutzung von 3D-CAD allerdings ein PDM-System oder eine ERP-nahe PDM-Funktionalität voraus.

CAD muss dort automatisieren, wo das Anpassungserfordernis und der Anpassungsbedarf am größten sind und wo ich den Beschaffungs- und Fertigungsprozess im Griff habe. Möchte der Kunde bei dem Beispiel einer Flaschenabfüllanlage statt 280 lieber 281 Füllstellen, muss die Anpassung auf Knopfdruck möglich sein. Darin liegt ja gerade die Stärke der 3D-CAD-Systeme oder der CAD-Konfiguratoren. Mit Hilfe von CAD bin ich in der Lage, meine Wettbewerbsvorteile auszuspielen. Flexibilität und Schnelligkeit in der Anpassung, immer richtige Zeichnungen, NC-Programme und Dokumentationsunterlagen.

Angebots- CAD- und Stücklistenkonfiguration

Bäckereimaschinen

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Der Kunde denkt in seinen Endprodukten. Er möchte genauso schöne Plunderstücke wie sein Wettbewerber produzieren. Nur das Mehl ist ein anderes. Die Luftfeuchtigkeit und die Durchschnittstemperatur in der Produktionsstätte sind auch anders als beim Wettbewerb. Von daher ist sehr viel Prozesserfahrung nötig, um die richtigen Maschinen und die richtige Anlage auszulegen, auszuprägen und anzubieten, damit das Endprodukt nachher genauso oder noch leckerer aussieht, als das vom Wettbewerb.
Früher wurden die Angebote mit MS Word und parallel im ERP-System geschrieben. Durch das Kopieren schlichen sich nicht selten teure Fehler ein, die oft erst in der Produktion oder im Rahmen der Inbetriebnahme hochkamen.

Heute wird der Vertrieb durch einen Angebotskonfigurator durch das Programm geführt. Es beginnt mit der Abfrage der einzelnen Endprodukte, die der Kunde auf der Anlage fahren möchte. Es folgen Abfragen zum Produktionsprozess, zur Leistung der Anlage und zum Automatisierungsgrad. Am Ende des Konfigurationsprozesses empfiehlt der Konfigurator eine Anlage, generiert die Komponentenstruktur und den oder die Angebotspreise.

Von jetzt ab steht das Wissen der alten Hasen auch jungen Mitarbeitern oder neuen Vertriebspartnern im Ausland zur Verfügung. Risiken werden frühzeitig abgefangen, der Vertrieb wird entlastet, die Aufträge laufen richtig in die Organisation ein und die Prozesse laufen reibungsloser. Unabhängig davon kann die Konstruktion das Thema Gleichteile und Wiederholteile gezielt angehen, da der Vertrieb jetzt entlang vorgedachter Lösungsautobahnen argumentiert und nicht mehr alte Anlagen verkauft oder kopiert oder Zusagen macht, die zu unbekannten und geplanten Überstunden in der Konstruktion führen.

Projektnutzen, einige Zahlen

Erfahrung aus über 50 erfolgreichen Projekten:

  • Herstellkostensenkung um teilweise über 30% durch konstruktives Reengineering
  • Beschleunigung des Angebotswesens um Faktoren
  • Beschleunigung der Aufwände in der Konstruktion um mehr als 30%
  • Senkung der Änderungskosten um 30%
  • Senkung der Suchzeiten um mehr als 50%
  • Reduzierung der Aufwände in der AV um mehr als 40%
  • Senkung der Aufwände für die Generierung von Maßzeichnungen um Faktoren
  • Steigerung der Produktivität bei Änderungskonstruktionen um über 30%
  • Reduzierung der Teilevielfalt um mehr als 30%

Fazit: Mehr konfigurieren statt immer wieder neu konstruieren!

ife: Was bringt das?

Dr. Lechner: Die Effekte sind gewaltig. Viele Unternehmen würde es sicherlich nicht mehr geben, wenn sie diesen oder einen ähnlichen Weg gegangen wären. So lassen sich Herstellkosten um teilweise über 30% senken. Der Einkauf alleine schafft höchsten einige Prozent. Die wirklichen Effekte kommen aber erst über die Senkung der Konstruktionsaufwände und die Senkung der Fertigungs-, Montage- und Inbetriebnahmeaufwände.

Angebote können um Faktoren schneller erstellt und Änderungskosten nachhaltig gesenkt werden, da der Baukasten klar definiert ist und er einer laufenden Produktpflege unterliegt. Suchzeiten werden minimiert, weil Produktstrukturen, Komponenten, Baugruppen und Teile klar strukturiert und einheitlich nach Regeln abgelegt sind. Die Aufwände in der AV sinken, da die Erfahrungen der Fertigung und Montage sowie die montagegerechte Produktstruktur in die Überarbeitung der Produkte mit eingeflossen sind.

Die Generierung von Maßzeichnungen lässt sich heute mit Standardsoftware standardisieren und automatisieren. Die Konstruktion muss weniger abwickeln und hat wieder mehr Zeit für Innovationen und wirkliche auftragsneutrale Entwicklungs-arbeiten. Schließlich freut sich auch der Einkauf: die Teilevielfalt sinkt, die Einkaufslosgröße steigt und die Anzahl der Lieferanten lässt sich ebenfalls reduzieren.

Zusammenfassung – Der Content

Vom Strukturieren über das Klassifizieren zum Konfigurieren

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ife: Was ist zu tun?

Dr. Lechner: Produkte sind geeignet zu strukturieren, zu klassifizieren und zu konfigurieren. Dieses prozessgerecht, d.h. vor dem Hintergrund Kundenwunsch (was will der Kunde eigentlich?), Vertriebsprozess, Entwicklungs-/Abwicklungsprozess bis zum Service.

DLP Engineers verfügen über die notwendige Projekterfahrung und erfahrene Mitarbeiter, Kunden und deren Mitarbeiter bei solchen komplexen Aufgabenstellungen praktisch zu unterstützen.

Das Interview führte Herr Thomas Vogel mit Herrn Dr.-Ing. Sören Lechner, Geschäftsführer DLP Engineers GmbH

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